Einteilung der Desinfektionsmittel
Desinfektionsmittel werden hinsichtlich ihres Wirkungsbereiches (nach RKI) wie folgt eingeteilt:
A: zur Abtötung von vegetativen Bakterien einschließlich Mykobakterien sowie von Pilzen geeignet
B: zur Inaktivierung von Viren geeignet
C: zur Abtötung von Sporen des Erregers des Milzbrandes geeignet
D: zur Abtötung von Sporen der Erreger des Gasödem und des Wundstarrkrampfes geeignet
(D: zur Abtötung dieser Sporen müssen allerdings Sterilisationsverfahren angewendet werden)
Kommerziell erhältliche, kostengünstige Desinfektionsmittel auf Basis von Alkohol (meistens 70-75%ige Alkohollösungen) decken den Wirkungsbereich A ab, in manchen Fällen auch B, wobei nicht alle Arten von Viren erfasst werden. Es bestehen also Wirkungslücken, und speziell bei reinem Alkohol als Desinfektionsmittel sogar im Wirkungsbereich A. Das betrifft vor allem die Dezimierung von Pilzen und deren Sporen. Zur „normalen“, hygienischen Reinigung und vorbeugenden Vorsorge gegen Infektionskrankheiten reichen derartige Produkte meistens aus. Zu bemerken wäre allerdings, dass diese Produkte hochentzündlich sind und nicht überall gelagert, schon gar nicht transportiert werden dürfen.
Sobald höhere Anforderungen an eine Desinfektion gestellt werden, weil widerstandfähigere Erreger oder auch größere Flächen desinfiziert bzw. dekontaminiert werden müssen, kommen ausschließlich Hypochlorit- bzw. Peressigsäure-haltige Desinfektionsprodukte in Frage.
Obwohl gerade für den Anwendungsbereich im Bevölkerungsschutz bei Ausbruch von Seuchen oder Epidemien verschiedenste Desinfektionsprodukte zur Verfügung stehen, gibt es bislang keinerlei verbindliche Vorgaben zur Dekontamination der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) für den Einsatz im Katastrophenschutzfall bei Verdacht auf Kontamination mit hochpathogenen biologischen Erregern. Während eine Anzahl an Desinfektionsmitteln zur Inaktivierung von Viren und vegetativen Bakterien gelistet sind (RKI, DGHM/VAH, DVG), ist die Anzahl der Produkte mit einer sicheren sporiziden Wirkung jedoch begrenzt.
Zur Flächendesinfektion bei Verdacht auf Kontamination mit Bakteriensporen können unterschiedliche Biozidwirkstoffe wie z. B. Formaldehyd, Glutardialdehyd, Natriumhypochlorit oder Peressigsäure zum Einsatz kommen. Mit Ausnahme der Peressigsäure (PES) sind diese Substanzen allerdings aufgrund ihrer Toxizität, bzw. der benötigten extrem langen Einwirkzeiten oder ihrer verminderten Wirkung durch organische Belastungen nicht zur oberflächlichen Dekontamination der PSA nach einem Einsatz in biologischer Gefahrenlage geeignet. Zur Dekontamination von PSA werden daher eher Desinfektionsmittel auf Basis von Peressigsäure (PES) favorisiert, die für den Einsatz auch -eingeschränkt- längere Zeit bevorratet werden können. PES bietet den Vorteil, gegen alle relevanten Bakterien, Pilze, Viren und Pilz- und Bakteriensporen bei relativ kurzen Einwirkzeiten auch bei extrem niedrigen Temperaturen (-20 °C) wirksam zu sein. Sie eignet sich für alle Arten von Desinfektions- bzw. Dekontaminationsmaßnahmen, z.B. auch zur Fahrzeugdekontamination. PES zeigt einen geringeren Wirkungsverlust durch organische Verunreinigungen als Natriumhypochlorit und ist sehr gut und schnell biologisch abbaubar. Nachteilig bei Lösungen mit PES-Konzentrationen von mehr als 0,5% wirkt sich der intensive, stechende Geruch und die schleimhautreizenden Essigsäure-Dämpfe, welche allerdings durch Alkalizusatz (Pufferadditive zur Erhöhung des pH-Wertes der Lösung: Alkalisierung) deutlich reduziert werden können.
Äußerst fraglich ist aber, inwieweit eine Alkalisierung die biozide Wirkung der PES beeinflusst, insbesondere hinsichtlich der schnellen Desinfektionswirkung, die bei der PSA-Dekontamination dringend gefordert ist. Verschiedene Versuchsergebnisse zeigen bereits, dass ein hoher (alkalischer) pH-Wert die sporizide Wirkung der PES-Lösung deutlich negativ beeinflusst. Für eine schnelle (weniger als 5 Min. Einwirkzeit) und effiziente Wirkung ist offensichtlich ein saurer pH-Bereich notwendig!
Ein interessanter Aspekt ist auch die inaktivierende Wirkung der Peressigsäure auf Toxine unter dem Gesichtspunkt der PSA-Dekontamination oder der Einwirkung von Insekten und Reptilien auf tierische und menschliche Haut. Eine Inaktivierung von Toxinen, ähnlich wie durch PES, konnte bei anderen Bioziden in dieser Form bislang noch nicht nachgewiesen werden.
.
siehe auch: Peressigsäure-Desinfektion
siehe auch: zur Beständigkeit von Peressigsäure und Wasserstoffperoxid
siehe auch: zur Wirksamkeit von Peressigsäure in Alkohol
Quelle:
Desinfektion von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA), Methodenentwicklung zur standardisierten Untersuchung der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln auf Oberflächen der Persönlichen Schutzausrüstung gegen Sporen, Viren und Toxine unter praxisnahen Bedingungen und Anwendung der Untersuchungsmethoden am Beispiel von Peressigsäure,
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Postfach 18 67, 53008 Bonn
Innovative biologisch – chemische Produkte
Hygiene & Gesundheit in Haushalt, Gewerbe, Industrie, Medizin, Tierhaltung
.